Offline. Nicht angeschlossen sein. Kennst du es noch?
Alle sprechen immer vom Vorteil des Fortschritts, der Zukunft, der Lebensqualität. Und ja, uns geht es gut. Mir geht es gut. Ich liebe Werkzeug, ich mag meinen Laptop, ich finde Strom, Autos, Licht und viele weitere tolle Erfindungen echt gut und ich bin gerne für unsere Kinder erreichbar – ABER warum muss ich dauerhaft online sein?
Ich möchte hier einmal völlig ohne Reihenfolge und Sinn, meine Gedanken zu skurrilen Situationen machen, die ich bereits erlebte. Fangen wir an.
Ich sitze im Zug, eine Studentin liest ein Buch, gefühlt sitzen alle anderen mit dem Smartphone da, keiner unterhält sich.
Ein Ehepaar bestellt in einem Restaurant leckeres Essen, beide schreiben WhatsApp-Nachrichten anstatt zu sprechen.
Der Partner meiner Freundin macht Schluss, per SMS.
Sonntag nach 21 Uhr bekommen Schüler Hausaufgaben, für Montag.
Der Chef gibt Dienstanweisungen am Sonntagabend, per E-Mail, wehe du liest sie nicht bis Montag.
Eine Erstklässlerin trägt eine SmartWatch, kann aber keine Kartenspiele.
Im Ort gibt es einen Buchhändler, sein Nachbar bestellt Romane online und regt sich über tote Innenstädte auf.
Ein Ehepaar liegt im Bett, nebeneinander, beide spielen ein Spiel online. Der Mann regt sich auf, dass sie sich nicht mehr näher kommen.
Diese Liste könnte ich noch ewig fortsetzen. Und sicherlich gab es schon immer Erfindungen und Schritte in die Zukunft, die Menschen stressten und aus der Ruhe brachten. Jedoch waren wir noch nie so dauerhaft erreichbar. Das verlockt dazu unstrukturierter zu sein, da man jederzeit erreichbar ist.
Geht es dir auch so? Packst du Freiräume mit neuen Aufgaben voll, indem du dauerhaft dein Smartphone nutzt? Ein Spiel da, ein Video hier, schnell ein paar Shoppingangebote ansehen? Und schon saugt es wieder Energie aus dir heraus, fesselt dich mit ständig personalisierter Werbung noch mehr und kitzelt an deinem Interesse. Du schüttest Glückshormone aus, weil du denkst etwas unheimlich Tolles entdeckt zu haben.
Am besten du hast das neue Handy vom Arbeitgeber bekommen, dazu gleich noch einen passenden schicken Laptop. Natürlich nur, weil er dir deine Arbeit versüßen soll. Dass du es nach Dienstende nutzt, möchte er natürlich nicht. Ach ja, und nach Rufbereitschaft sieht das auch nicht aus.
Mich nervt es, ständig erreichbar zu sein. Mein Freundeskreis, unsere Familie und auch einige Bekannte wissen, dass wir am Wochenende nicht dauerhaft erreichbar sind. Wenn man etwas wirklich dringendes möchte, muss man uns besuchen. Oft bin ich auch abends nach dem Abendbrot einfach offline. Und dann wird es richtig spannend. Wir reden. Stell dir das vor. Und dann fallen uns tolle Sachen ein, wir spielen Spiele – in real! Ich weiß, du kennst sicher einige, die nicht mehr wissen, wie ein Brettspiel riecht. Schenk ihnen doch mal eins!
Es gibt Situationen, in denen ist bei uns auch für Gäste handyfreie Zone und einige finden das sogar richtig gut.
Klapp den Laptop zu, schalte dein Smartphone aus, leg deine Smartwatch ab und dann sieh doch einmal nach, ob du noch einen Plattenspieler entdeckst. Schreibe deiner Familie doch wieder einmal einen Brief, geh mit deinen Freunden Drachensteigen oder führe ein wunderbares Gespräch.
Versuche es! Es wird einzigartig.
Agrikulturella