Ein Brief von Linda H.

Heute las ich erneut einen Bericht über eine gescheiterte Hundehaltung seitens der Besitzer. Es ist eine Begebenheit von tausend und abertausenden Schicksalen.

Kurz erläutert: Ein Hund begann im Alter von 2 Jahren scheinbar plötzlich zu schnappen, bis er sogar mehrfach innerhalb seiner Familie um sich biss und nicht zuletzt das Kind attackierte. Die Tragödie ist groß und leider so alltäglich. Der vermeintlich einzige schnelle Ausweg- die Abgabe ins Tierheim. Dieses nahm einen völlig verstörten Hund auf, welcher aufgrund seiner großen Unsicherheit aggressiv wurde.
Und nun ist es Aufgabe des Tierschutzes.

Aber dafür ist ein Tierheim doch da, oder?

Falsch gedacht. Ein „Tierheim“ dient, laut Definition, als Einrichtung der Unterbringung herrenloser Tiere – Fundtiere. Tiere, welche kein Zuhause, keinen Besitzer mehr aufweisen können (durch Ableben, Pflegeheim, Allergie, etc.). Der „Tierschutz“ wiederum ergreift alle praktischen und rechtlichen Maßnahmen, um das Wohlbefinden und Leben der Tiere zu sichern. Die Folgen des menschlichen Versagens aufgrund ignoranter Unwissenheit zu kompensieren, entspricht also keineswegs dem eigentlichen Sinn! Und doch ist es auch in Deutschland eine niederschmetternde Gewissheit, das mit einem geschätzten Bestand von ca. 6 Millionen Hunden, ca. 300.000 Tiere pro Jahr(!!!) an neue Besitzer vermittelt werden (müssen).

Ich befasse mich seit einigen Jahren intensiver mit der Thematik- Tierheime, Tierschutz, etc. Hunde und auch andere Tiere begleiten mich seit meiner Kindheit. Ich bin mit ihnen groß geworden. Vom Welpe aus klein- und großstammigen Rassen wie z.B. Chihuahua, Dackel und Mischlingshunden bis hin zum reinrassigen Marxdorfer Wolfshund habe ich die Vierbeiner groß gezogen und begleitet. Dabei habe ich die Hunde nicht einfach nur aufwachsen sehen, sondern bin auch selbst an ihnen gewachsen und sie waren mir dabei auch immer ein Stück weit gute Lehrer. Ein Hund schaut bekanntlich in deine Seele, er ist allgemein verbreitet loyal- eben der beste Freund des Menschen und daher für viele so reizvoll.

Doch Einige verkennen, dass ein Hund auch ein Spiegel deiner Selbst ist. Und gerade deshalb existiert bei vielen gescheiterten Hund-Mensch Beziehungen das Problem am anderen Ende der Leine und nicht beim Tier selbst.

Einen Hund in dein Leben zu lassen ist eine schwerwiegende und lebensverändernde Entscheidung. Es hält dich an, ehrlich zu reflektieren:

– Wer bist du?

– Was kannst du (d)einem Hund bieten?

– Was bist du bereit für das Tier (auf)zugeben?

– Welche Charaktereigenschaften zeichnen DICH aus?

– Welche Eigenschaften sollte dein Hund besitzen?

Kannst du all diese Fragen mit ruhiger Sicherheit und gefestigtem Wohlwollen beantworten ist die Wahrscheinlichkeit sehr gering, fatal enttäuscht zu werden und gänzlich überfordert zu sein. Aber ist dir etwas aufgefallen??

Keiner meiner Stichpunkte beinhaltet äußerliche Typisierungen wie Augenfarbe, Wunschrasse, Fellfarbe, etc. Die essentiellen Fragen konzentrieren sich stets auf das WESEN des Hundes und DEINEN Charakter. Denn einzig und allein das prägt eine gute Bindung- die inneren Werte und nichts anderes. Also zerbrich dir nicht den Kopf über irgendwelche stupiden Vorstellungen wie dein Hund auszusehen hat. Ob die Augen nun blau, oder grün, das Fell nun silbergrau, oder tricolor sein soll….die Ohren spitz, oder doch Schlappohren, das es nun diese, oder jene Rasse sein muss. Sooft und viel zu oft werden Tiere missbraucht. Sie dienen lediglich und traurigerweise als Statussymbol, ja alleinig als ein Accessoire an der Leine versteht sich.

Ich spreche hier aber von Lebewesen mit Emotionen und eigenem Charakter!!! Du solltest dir daher vor deinem Entschluss ein Tier bei dir aufzunehmen lieber darüber einig werden, ob du einen Welpen, oder schon einen gesetzteren Hund betreuen kannst. Ein Welpe, wie auch ein älterer Hund haben ihren Reiz. Entscheidend ist- was DU dem Vierbeiner bieten kannst. Hast du realistisch betrachtet wirklich die Zeit einem Welpen das Trockenwerden, die Leinenführigkeit, eine gute Sozialisierung mittels Welpenschule und Hundeplatz beizubringen und auch noch die finanziellen Mittel dafür? Oder wäre für deinen Alltag eher ein Hund mittleren Alters, z.B. 4 Jahre, geeignet? Einer, der schon mal ein paar Stunden alleine bleibt, die Schuhe nicht mehr zerkaut, die Benimmregeln mit seinen Artgenossen beherrscht und sein Geschäft bereits außerhalb der Wohnung verrichtet. Vor allem nimmt das liebe Geld schon bei der bloßen Anschaffung einen aussagekräftigen Stellenwert ein. Wem die Summe eines Fellschützlings vom seriösen Züchter zu hoch ist, oder schon gar der weitaus überschaubare Kaufpreis eines gut sozialisierten Hundes aus dem Tierheim, der ist für die laufenden Kosten eines Vierbeiners nicht gerüstet und unterschätzt den finanziellen Grundbedarf.

Um dem Tier eine adäquate und artgerechte Lebensweise zu ermöglichen, bedarf es keiner Scheu an Mühe, Zeit, Geld, Geduld und allem voran Vertrauen und Liebe für ein Lebewesen! Ein „sich-auch-mal-hinten-anstellen-können“, so als Mensch. Diese ganzen vielen Desozialisierungen und fehlgeschlagenen Erziehungen beruhen in der Regel darauf, dass der Käufer, also wir Menschen(!) uns im Aufgabenpensum gnadenlos verschätzt haben und dann frustriert sind, wenn „Bello“ nicht mehr in unseren doch so schön vorgestellten Alltag passt. Deshalb betone ich nochmal- ein Hund ist auch „nur“ ein Lebewesen und KEIN Accessoire!!!
Diverse Möchtegern-Hobbyzüchter, illegale Parkplatzübergaben, Mitleids- und Affektkäufe…..die Liste ist endlos….führen meist zu katastrophalen Verläufen, vor allem für die Tiere, denn sie sind letztenendes immer vom Menschen abhängig. Sie verlassen sich auf uns. Ist die Hundehaltung nicht weise und in Ruhe durchdacht, haben Mensch und Hund nicht lange Freude aneinander.

Um den Gedankenkreis(el) zu schließen kommen genau an dieser Stelle der Tierschutz zum Tragen. Ich rede von Tierheimen, Hundetrainern, seriösen Züchtern(!!!), welche im Sinne des Tierschutzes arbeiten. Das ist der eigentliche Aufgabenbereich des Tierschutzes. DORT findest du jederzeit Anlaufstellen um dich fachgerecht und objektiv beraten zu lassen, oder auf andere Art und Weise positiv mitzuwirken und etwas im Sinne der Tiere zu bewegen. Aus dem persönlichen Befinden heraus zwei Hunde zuzulassen und wieder weitere Welpen in die Welt zu setzen hat rein gar nichts mit verantwortungsbewusster Arterhaltung zu tun- ganz im Gegenteil!!! Oftmals ist dort leider nur das schnelle Geld die einzige Intention. Hundehalter, oder Tierbesitzer zu sein ist nach meinem Verständnis und in meinen Augen kein Hobby. Ich gehe sogar soweit zu sagen- es ist eine Lebenseinstellung, eine Lebensphilosophie.

Überlege dir daher bitte, bitte, bitte VOR dem Kauf eines Tieres ganz genau, ob du so ein Leben führen möchtest…..ein „Hunde“-Leben eben.

Linda