Wenn der Schafscherer da war, hüpfen die Schafe glücklich herum und freuen sich, weil sich die neue Frisur locker-leicht anfühlt. Es ist jedes einzelne Mal ein ziemlich witziger Anblick, die lustig aussehenden Mähhappeln danach zu beobachten, während ich neben einem beachtlichen Haufen dreckiger, fettiger Wolle stehe.

Was sollte ich als Schafhalter anderes denken als: Prima! Schafwolle! Ein tolles Produkt für Dünger, Dämmung und selbstgestrickte Socken von Oma! Ein wenig naiv suchte ich also Abnehmer für meine Schurwolle. Ich fasse mich jetzt kurz. Es ist ein Minusgeschäft.

2010 bekam der deutsche Schäfer im Schnitt 1,60 Euro pro Kilogramm Wolle, letztes Jahr zwischen 0,33 Euro bis 0,50 Euro. Es bedarf keiner komplizierten Rechnung um festzustellen, dass bei 4 Kilogramm Wolle pro Schaf, die Einnahme bei 2 Euro liegt. Die Schur kostet jedoch 2,50 Euro je Schaf.

Ich recherchiere lieber nicht, woher dann die ganze Wolle im Laden kommt. Was mache ich jetzt also mit der ganzen Wolle? Ich erachtete es als so traurig, diesen wertvollen Rohstoff wegzuwerfen.

Nachdem ich jedoch bereits literweise Dünger hergestellt hatte und ich gerade keine Decken oder Wände dämmen musste und wollte, habe ich mich entschlossen meiner Frau ein Spinnrad und einen entsprechenden Kurs zu schenken. Ich fand diese Idee prima! Meine Frau sah nur 24 Kilogramm dreckige Wolle. Schade.

Nachdem sie sich beruhigt hatte, widmeten wir uns also der traditionellen Verarbeitung. Schafwolle lehrt einen tatsächlich eine Menge an verloren gegangenen Wissen. Die Wolle muss sortiert werden, bevor sie schonend gewaschen werden kann. Dieser Vorgang muss manchmal mehrmals wiederholt werden. Danach wird die Wolle sorgfältig gezupft und sortiert, um sie kardieren oder kämmen zu können. Im Anschluss wird sie versponnen.

Und jetzt? Jetzt kann Oma endlich Socken daraus stricken!


Das dauert alles ganz schön lange oder!? So lerne ich auf jeden Fall wieder einmal altes Handwerk schätzen.

Agrikulturella